Die Sonne war kaum untergegangen, als ich mich durch die überfüllten Straßen von Münster drängte, den Lärm und das Chaos auf der Suche nach der Drubel Bühne hinter mir lassend. Die jährliche Massenhysterie, die als Münster mittendrin bekannt ist, hatte die Stadt wieder fest im Griff. Überall schallte der Lärm des kollektiven Wahnsinns wider, als sich die unzähligen Seelen durch die Gassen wälzten, angezogen von Bier, Bratwurst und Unterhaltung wie Motten vom Licht.
Meine Anfragen nach Akkreditierung, die Tür zu dieser Orgie von Lärm und Rausch, waren allesamt ignoriert worden – vielleicht eine göttliche Intervention, die mich vor dem drohenden Verfall bewahren sollte. Aber das hielt mich nicht ab. Nichts hält mich ab, wenn der Dämon des Rock ’n‘ Roll nach mir ruft. Ich zog mir die Mütze tiefer ins Gesicht und bahnte mir meinen Weg zur Drubel Bühne, wo die wahren Herrscher der Nacht die Menge in Ekstase versetzten: Reisegruppe Hardrock.
Die Luft war schwer vom Gestank nasser TShirts und überteuerten Biers. Die Menge drängte sich dicht aneinander, ein pulsierender, dampfender Organismus, der bereit war, bei den ersten Klängen des Openers Maniac zu explodieren. Und explodieren taten sie – die Massen außer Rand und Band, von den ersten Tönen gepackt wie ein Fisch am Haken, zuckend und windend, aber nicht loslassend.
Reisegruppe Hardrock, jene gottverlassenen Barkeeper aus der Gorilla Bar, standen jetzt im grellen Licht der Scheinwerfer, und die Ironie war süß: dieselben Hände, die einst Gläser polierten, zupften jetzt an Gitarrensaiten und schleuderten die größten Rockhymnen der 1980er Jahre ins kollektive Gedächtnis. „Message in a Bottle“, „Take Me Home“, „All I Wanna Do“, „Rebel Yell“ – ein verdammtes Best-of-Album der Dekade, das die Menge wie einen zerschlagenen Hammer traf.
Der Regen fiel unaufhörlich, ein düsteres, graues Unwetter, das die Menge jedoch nicht zerstreuen konnte. Wie getrieben vom elektrischen Wahnsinn dieser Songs, blieben sie, klammerten sich an die Ekstase, die nur Live-Musik liefern kann. Die Zugabe kam in Form von „Kickstart My Heart“, einem letzten, verzweifelten Aufbäumen, das den Platz vor der Bühne in ein brodelndes Meer aus geballten Fäusten und schreienden Kehlen verwandelte.
Als die letzten Töne verklangen, stand die Menge immer noch dicht gedrängt, durchnässt und überwältigt, aber ungebrochen.Nass bis auf die Knochen, aber mit einem Lächeln auf den Lippen, das nur jemand versteht, der den Wahnsinn der 80er überlebt hat.
Das war kein Konzert. Das war eine Reise zurück in eine Zeit, die nie wirklich vergangen ist. Ein wilder Ritt durch den Donner und Wahnsinn des Hardrock, mit einer Band, die mehr Feuer im Herzen hat als alle Pyrotechnikshows der Welt