Münster, dieser verdammte Glutofen, der heißeste Tag des Jahres, die Luft so dick, dass man sie mit dem Messer schneiden könnte. Die Stadt schwitzt wie ein Schwein in der Sauna, aber ich? Gerade 20 Stunden zurück aus der Karibik, wo die Sonne dich wie ein Vorschlaghammer küsst – dieses Wetter hier ist ein Witz. Der Jetlag allerdings, dieser hinterhältige Bastard, hat mich um 18 Uhr aus dem Bett geschleift, mit Augen wie Sandpapier und einem Schädel, der wie eine kaputte Waschmaschine rattert. Ab ins Bierfrühstück, das Lebenselixier der Verdammten, Fresse – Band hatten geladen, und wenn Fresse ruft, dann kommt die Meute.
Die Ansage war klar wie ein Faustschlag: 26 Songs, längstes Set ever, kein Zurück, keine Gnade, keine Rücksicht auf Kreisläufe. Die Metro Rockbar , ein dunkler, stickiger Tempel des Chaos, brodelt vor Erwartung. Gansi am Mikro, mit einer Stimme wie ein rostiger Nagel, der durch Blech getrieben wird. Rob am Bass, der die Erde beben lässt wie ein zorniger Gott. Basti und Tom an den Gitarren, ihre Riffs schneiden durch die Luft wie Kettensägen. Und Vinnie am Schlagzeug, ein Besessener, der die Trommeln schlägt, als hätte er einen persönlichen Rachefeldzug gegen sie. Die Menge, ein verschwitzter Haufen aus Bierbäuchen, Tattoos und zerrissenen T-Shirts, ist bereit, in die Schlacht zu ziehen.
Es beginnt mit Stagediverutsche, ein Adrenalinschuss direkt ins Herz, gefolgt von Strasse, das die Wände wackeln lässt. Die großen Hymnen kommen wie ein Sturm: Partybuss, Wir sind Fresse, Bausparer, Frauen um 30 – jedes Lied ein Schlag in die Fresse, im besten Sinne. Aber dann, oh Graus, bei Dosenstechen – wo normalerweise Dosen durch die Luft fliegen wie Granaten in einem Kriegsschauplatz – bleibt das Chaos aus. Kein Dosenstechen, keine fliegenden Biergeschosse. Die Menge murrt, ein kollektiver Seufzer der Enttäuschung. Und der Sound? In der ersten Hälfte ein verdammtes Fiasko. Rückkopplungen kreischen wie Dämonen, die Pegel tanzen einen unkontrollierten Tango. Es ist, als würde der Tontechniker mit verbundenen Augen an den Reglern drehen. Das Hörvergnügen leidet, aber die Band kämpft weiter, unerschütterlich wie ein Rudel tollwütiger Wölfe.
Zigarettenpause. Die Luft draußen ist kaum kühler, die Menge raucht, säuft, lacht. Zurück im Club hat der Tontechniker offenbar einen Deal mit dem Teufel geschlossen, denn der Sound ist plötzlich klar, scharf, perfekt. Die zweite Hälfte explodiert. Moonshine Manni treibt die Menge in den Wahnsinn, und als Saufen in Münster erklingt, brüllt jeder mit, ein heiseres, glorreiches Chor der Verdammten. Die Metro Bar bebt, der Boden klebt, der Schweiß tropft wie Regen.
Die Menge ist ein bunter Haufen. Viele sind gekommen, darunter acht von zehn Jungs einer Junggesellenparty, die schon morgens von Fresse bei einem Vorgig beschallt wurden. Diese Kerle, mit ihren roten Augen und wankenden Beinen, sind immer noch hier, immer noch am Feiern, als gäbe es kein Morgen. Die Band selbst ist in Höchstform, trotz der Hitze, trotz der langen Nacht. Gansi grinst wie ein Wahnsinniger, Rob wuchtet Basslines wie ein Bulldozer, und Vinnie prügelt auf die Drums ein, als wolle er sie in die Hölle schicken.
Als der letzte Akkord verklingt, ist die Metro Rockbar ein Schlachtfeld der Freude. Fresse – Band verabschiedet sich, die Menge taumelt in die Nacht. Die Band macht Sommerpause, und verdammt, sie haben es sich verdient. Dieser Abend war ein wilder Ritt, ein Punkrock-Massaker, das trotz einiger Stolpersteine in der ersten Hälfte wie eine Granate eingeschlagen hat. Münster schwitzt, ich schwitze, aber mein Herz schlägt im Takt von Saufen in Münster. Und irgendwo da draußen, in der glühenden Nacht, lacht der Gott des Chaos über uns alle.